iGurt

iGurt
Von links nach rechts: Dr. Adrian Klein, Christopher Lamers, Katharina Kermelk, Celina Renner, Torsten Schubert.

DIE STRIPPENZIEHER

BPW NUTZT SEINE PERSÖNLICHEN NETZWERKE MIT TRANSPORT- UND LOGISTIKUNTERNEHMEN, UM NEUE IDEEN ZUR MARKTREIFE ZU BRINGEN. DURCH CO-INNOVATION ENTSTAND AUCH DAS LADUNGSSICHERUNGSSYSTEM iGURT, DAS JETZT IN VORSERIENTESTS BEI RENOMMIERTEN SPEDITIONEN SEINEN LETZTEN SCHLIFF ERHÄLT.

DB SCHENKER, BLG LOGISTIK, BERMEL, EMONS, SCHÄFER ...

Würde man die Namen der Speditionen nennen, die an der Entwicklung des iGurts mitgewirkt haben, käme eine lange Liste heraus – und fast ein „Who's who“ der Transport- und Logistikindustrie: Disponenten, Fahrer, Lageristen, aber auch Designer, Unternehmensberater, Versicherer, die Polizei und selbst das Bundesamt für Straßenverkehr wirkten in Form von Workshops, Interviews und zahllosen praktischen Erprobungsreihen daran mit, aus der Idee eines Studenten und seines Betreuers Dr. Jan-Philipp Kobler ein marktreifes – und bereits mehrfach preisgekröntes – Produkt zu machen.

Vor gut zwei Jahren befasste sich Christopher Lamers (28) im BPW MechatronikTeam mit den Zurrgurten, die auf der Ladefläche des Lkw das Transportgut sichern sollen. Zurrgurte werden in der Regel vom Fahrer mit einer Ratsche festgespannt – wie fest, ist reine Gefühlssache. Deshalb sind die Strippen in der Praxis oft zu lasch, mitunter zu straff oder auch gar nicht gespannt. Die Folge: Die Ladung wird beschädigt, kommt ins Rutschen und kann den Lastzug so zum Schlingern oder gar zum Kippen bringen.

iGurt

Der iF DESIGN AWARD 2019 prämiert den „BPW iGurt“ in der Disziplin „Professional Concept“, Kategorie „Sicherheit“.

Als Student der RWTH Aachen widmete Lamers dem Zurrgurt seine Masterarbeit: Ein handlicher Sensor, so sein Ansatz, könnte die korrekte Spannung der Gurte messen, anzeigen und auch während der Fahrt überwachen und dokumentieren. Dazu präsentierte er einen Prototyp, den er gemeinsam in Zusammenarbeit mit der BPW Lehrwerkstatt konstruiert hatte: ein klobiges Ding, die Elektronik und Anzeigeeinheit in einem U-Profil aus Stahl verbaut. Dennoch: Das Messprinzip und die Darstellung der Spannkraft auf einem Tablet überzeugten Entwicklungschef Dr. Markus Kliffken auf Anhieb – und er stellte Christopher Lamers bei BPW als Entwicklungsingenieur ein. Das Teamwork konnte starten: Elektronikentwickler Dr. Adrian Klein verpasste dem Prototyp eine professionelle Platine und intelligente Software, Softwareentwicklerin Celina Renner programmierte dazu eine intuitiv bedienbare App. In schnellen konstruktiven Iterationsstufen wurde das Gehäuse auf Zigarettenschachtelformat reduziert, damit es sich ergonomisch unter den Ratschenhebel schmiegt. Als große Hilfe erwies sich der 3D-Drucker aus dem BPW Werkzeugbau, der sogar Carbonfasern einsetzt, um ein verwindungssteifes, funktionsfähiges Gehäuse zu erzeugen.

In unzähligen Tiefeninterviews und Workshops mit Speditionen, Fahrern und Branchenexperten wurde die Idee abgeklopft und verfeinert. „Viele Unternehmen behaupten, dass der Kunde für sie im Mittelpunkt steht“, sagt Christopher Lamers, „bei BPW spielt er schon bei der Entwicklung eine zentrale Rolle.“ Eine der spannendsten Fragen der Entwicklungsphase war, ob die Fahrer das System verstehen und akzeptieren würden.

„In Tests mit DB Schenker, der Spedition Bermel und DLG Logistik zeigten sich die Fahrer sogar richtig begeistert und führten den iGurt auf Rastplätzen anderen Fahrern vor.“

Christopher Lamers

EIN VORBOTE DES AUTONOMEN TRANSPORTS?

Dass BPW mit dem iGurt einen Nerv getroffen hatte, zeigte sich spätestens nach der Konzeptpremiere auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover im September 2018: „Das Interesse war überwältigend“, erinnert sich Produktmanagerin Katharina Kermelk, „durch das Feedback erhielten wir eine Fülle neuer Ideen und Anregungen – sogar durch die Polizei und das Bundesamt für Straßenverkehr. So könnte der iGurt zum Beispiel Ladungssicherungskontrollen vereinfachen. Denkbar wäre, dass Lastzüge, die mit dem iGurt ausgestattet sind, aus der Ferne geprüft und durchgewunken werden. Der iGurt ist auch auf eine große Resonanz bei Forschungseinrichtungen und Innovationslaboren der Fahrzeugund Versicherungsbranche gestoßen, die sich mit dem autonomen Transport der Zukunft befassen.“

Nach Testreihen mit den Speditionen Emons und Brucherseifer geht das System im Sommer 2019 in die Vorserie. Fünf Speditionen werden insgesamt 600 Geräte auf die Reise schicken. 2020 ist der iGurt dann bereit für die offizielle Markteinführung. Er wird bereits heiß erwartet von zahlreichen Spediteuren und ihren Fahrern, die an der Erprobung beteiligt waren.

„Der iGurt ist nur ein Beispiel dafür, dass wir nicht nur Bestehendes weiterentwickeln, sondern auch ganz neuen Nutzen in Transport und Logistik stiften können. Wir haben für die Zukunft noch viele Pfeile im Köcher.“

Dr. Markus Kliffken
iGurt
BPW gehört zu den Top-100-Innovationsführern des deutschen Mittelstands: Für Dr. Markus Kliffken (Mitte) ist die Auszeichnung das Resultat aus Methodik und Führungskultur.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) regelt jährlich Transportschäden in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Ein Großteil hiervon fällt auf mangelnde oder gar fehlende Ladungssicherung zurück. Über 70% der kontrollierten Fahrzeuge werden wegen mangelnder Ladungssicherung von den Kontrollorganen beanstandet. Hohe Bußgelder mit kosten- und zeitintensiven Nachsicherungs- und Umlade-Aktionen sind die Folge, aber auch hohe Versicherungskosten: Mangelnde Ladungssicherung ist die Ursache für schätzungsweise 20 bis 25% der Verkehrsunfälle im Schwerlastverkehr.

iGurt

WEITERE INFORMATIONEN ZUM BPW iGurt